An der Technikerschule Bremen können Arbeitnehmende mit einer Erstausbildung ihren Techniker ablegen – und sich so beruflich neu ausrichten. Damit eröffnen sich den Absolvent*innen neue Chancenauf dem Arbeitsmarkt.
Text: Insa Lohmann
Foto: Kay Michalak
1. Mai 2025
Auf dem Foto: Die gelernte Lichttechnikerin Lea Schäfer macht eine Aufstiegsfortbildung zur Elektrotechnikerin. Der Industriemechaniker Philipp Ahlden absolviert eine Aufstiegsfortbildung zum Maschinentechniker.
Mit seinen 34 Jahren hat Philipp Ahlden beruflich schon viel erlebt: angefangen bei der Montage und Produktion bis hin zu Maschinenbau, Optik- und Automobilindustrie. Ahlden ist gelernter Industriemechaniker, seit seiner Ausbildung hat er verschiedene Branchen und Unternehmen kennengelernt. Auf Dauer sei der berufliche Alltag aber eintönig, berichtet der Bremer. „Ich wollte nicht nur stur nach Plan arbeiten, sondern aktiv mitdenken und gestalten“, sagt er. Seit vergangenem Jahr absolviert Ahlden an der Technikerschule Bremen eine zweijährige Aufstiegsfortbildung zum staatlich geprüften Maschinentechniker. Hier bekommt er Einblicke in Konstruktion, Entwicklung, Produktion, Fertigung und Qualitätsmanagement. „Danach stehen mir in beruflicher Hinsicht mehr Türen offen“, ist der Industriemechaniker überzeugt.
„Mich interessieren vor allem Bereiche wie Produktentwicklung und Konstruktion, in denen ich vorher gar keine Chance gehabt hätte.“
Philipp Ahlden, Absolvent
Philipp Ahlden ist einer von 76 Schüler*innen, die aktuell an der Technikerschule Bremen eine Aufstiegsfortbildung absolvieren. Das Angebot der spezialisierten Bildungseinrichtung wendet sich vor allem an Arbeitnehmende aus dem Metall-, Chemie-, Elektro- und Lebensmittelbereich, die sich beruflich verändern und aufsteigen möchten. „Viele unserer Schüler*innen wollen sich weiterentwickeln und in ihren Berufen mehr Verantwortung übernehmen“, berichtet Schulleiter Patrick Zark. Auch die Aussichten, zur Führungskraft aufzusteigen oder später einen eigenen Betrieb zu leiten, motivierten die Teilnehmer*innen. Die anschließenden Berufsaussichten schätzt Zark als sehr gut ein. So erinnert er sich an einen Absolventen aus der Elektrotechnik, der nun an der Entwicklung von Forschungsrobotern mitwirkt. Auch andere Absolvent*innen würden inzwischen bei namhaften Instituten und Unternehmen aus der Region arbeiten. Gerade bei Betrieben aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien seien die staatlich geprüften Techniker*innen aus Bremen zurzeit sehr gefragt, berichtet Zark.
Staatlich geprüfte*r Techniker*in ist eine geschützte Berufsbezeichnung. Führen darf sie, wer in Vollzeit oder neben seiner Erwerbstätigkeit eine mehrjährige Weiterbildung an einer Fachschule für Technik absolviert und mit einem bestandenen Staatsexamen abgeschlossen hat. Die Abschlüsse haben das höchste Qualifikationsniveau, das auf schulischem Wege erreicht werden kann und sind einem Bachelor-Abschluss vergleichbar. In Bremen können die Aufstiegsfortbildungen als staatliche geprüfte*r Informationstechniker*in, Elektrotechniker*in, Maschinentechniker*in, Mechatroniker*in oder Lebensmitteltechniker*in sowohl in Vollzeit als auch in Teilzeit oder neben dem Beruf belegt werden. Voraussetzung ist eine einschlägige Erstausbildung, je nach Bereich beispielsweise als Elektriker*in, KFZ-Mechatroniker*in oder Bäcker*in. Getragen wird die Technikerschule Bremen von der Arbeitnehmerkammer Bremen sowie der Handels- und der Handwerkskammer. Die Einrichtung kooperiert eng mit der Bremer Bildungsbehörde.
Technikerschulen haben eine lange Geschichte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verbreiteten sie sich in ganz Deutschland, um mehr Techniker*innen auszubilden. Häufig sind sie an Berufsschulzentren angegliedert, in Bremen ist die Technikerschule mit Sitz im Haus des Handwerks eigenständig. Und sie verfügt noch über eine weitere Besonderheit: „Mit dem Bereich Lebensmitteltechnik haben wir ein Alleinstellungsmerkmal im Norden“, sagt Patrick Zark.
„Viele unserer Schüler*innen wollen sich weiterentwickeln und in ihren Berufen mehr Verantwortung übernehmen.“
Patrick Zark, Schulleiter
In Zeiten von Industrie 4.0 und verschärftem Fachkräftemangel kommt der Technikerausbildung eine besondere Bedeutung zu, denn sie macht aus Gesellen Generalisten – und zeigt ihnen neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt auf. „Ich will mich hier weiterqualifizieren, um mehr berufliche Sicherheit zu erlangen“, berichtet Lea Schäfer. Die 37-Jährige ist eine klassische Seiteneinsteigerin an der Technikerschule Bremen: Als Lichttechnikerin arbeitete die Wahl-Bremerhavenerin zuletzt beim Film, bevor sie vergangenes Jahr eine Aufstiegsfortbildung zur Elektrotechnikerin begann. Da ihre Ausbildung hier nicht zugelassen ist, bewarb Schäfer sich über ein gesondertes Ausnahmeverfahren – inklusive Motivationsschreiben. „Ich hatte schon immer eine hohe technische Affinität“, sagt Schäfer, die sich einen beruflichen Branchenwechsel wünscht. Ihr bisheriger Job als Lichttechnikerin beim Film habe ihr sehr viel Flexibilität abverlangt. „Ich wünsche mir durch die Qualifizierung stabilere Arbeitsbedingungen in der Elektrotechnik. Der Abschluss eröffnet mir die Türen in neue Arbeitsfelder“, sagt sie. Nach den zwei Jahren an der Technikerschule kann sie sich gut vorstellen, in die Forschung zu gehen.
„Ich wünsche mir durch die Qualifizierung stabilere Arbeitsbedingungen in der Elektrotechnik. Der Abschluss eröffnet mir die Türen in neue Arbeitsfelder.“
Lea Schäfer, Absolventin
Auch Philipp Ahlden möchte nach seinem Abschluss als staatlich geprüfter Maschinentechniker neue Wege einschlagen. „Mich interessieren vor allem Bereiche wie Produktentwicklung und Konstruktion, in denen ich vorher gar keine Chance gehabt hätte“, sagt der 34-Jährige. Von einer neuen beruflichen Ausrichtung verspricht sich der Bremer auch ein erweitertes Arbeitsumfeld und die Zusammenarbeit mit Kunden – „einfach mehr Abwechslung“. Die zweijährige Aufstiegsfortbildung an der Technikerschule Bremen finanzieren sich Philipp Ahlden und Lea Schäfer über das sogenannte Aufstiegs-BAföG. Damit werden Teilnehmer*innen beruflicher Aufstiegsfortbildung durch Beiträge zu den Kosten der Bildungsmaßnahme und zum Lebensunterhalt finanziell unterstützt. Beide Schüler*innen aus Bremen erhalten zusätzlich zum Aufstiegs-BAföG Wohngeld. „So sind die Kosten im Vergleich zu einem Studium für uns sehr gering und gut finanzierbar“, sagt Lea Schäfer. „Auch die praxisnahen Projekte im Rahmen unserer Aufstiegsfortbildung passen für mich deutlich besser als eine akademische Einrichtung.“
Weitere Informationen bei der Technikerschule